Die hohe Schule der Autofahrerei

1975 bis 1980 – Die Orientierungsfahrten des FC Licher Stammtisch

„Es geht um die hohe Schule der Autofahrerei, die nennt man: Geschicklichkeits- oder auch Orientierungsfahrt“, so beschreibt Karlheinz die Orientierungsfahrten des FC Licher, die von 1975 bis 1980 das Programm des Stammtischgeschehens bereicherten. Das die Anforderungen der Teilnahme an den Stammtisch-Orientierungsfahrten über die einer Rallye-Weltmeisterschaft hinausgingen führt der erste Organisator auf die geforderte geistige Fitness zurück: „Nicht nur Sport und Geschichte, auch Kenntnisse in Astrologie, Philosophie, Ökonomie, Numismatik, Philatelie oder Geographie waren Grundvoraussetzungen.“

Premiere: „Rund um Groß-Gerau“

Am 4. September 1975 fand die Premiere der Stammtisch-Orientierungsfahrten unter dem Motto „Rund um Groß-Gerau“ statt. Zehn Teams stellten sich den Herausforderungen, die sich die Organisatoren um Karlheinz ausgedacht hatten. Zwanzig Prozent der Punkte konnten zum Auftakt in einer 26 Kilometer langen „kleinen Rundfahrt“, die in 34 Minuten zu absolvieren war, erreicht werden. Pro 500 Meter Abweichung gab es einen Punktabzug, ebenso wie bei einer Zeitüber- oder unterschreitung von einer Minute. Rolf und seine Beifahrerin Anita, sowie das Team „Volkhardt“ schafften die „kleine Rundfahrt“ mit optimaler Punktzahl. Weitere 30 Prozent in die Gesamtwertung flossen durch das Ergebnis im Geschicklichkeitsfahren ein. Gefordert wurde neben dem Fahren vorgegebener Geschwindigkeiten, das richtige Einparken, schätzen der Fahrzeughöhe und ein Fragebogen mit Prüfungsfragen aus der Fahrschule. Mit deutlichem Vorsprung setzte sich Hans-Georg mit seinem Beifahrer vor Gerhard und Dieter R. durch, die sich anschließend den Gesamtsieg in der „Großen Rundfahrt“ sicherten, die zu 50 Prozent in die Endwertung einging. Während des 45 Kilometer langen Rundkurs mussten die Teilnehmer bei zwei Streckenposten weitere Aufgaben erfüllen, zu denen ein Fitnesstest mit Kniebeugen, die Überprüfung des Ersatzrads, Werkzeug- und Rot-Kreuz-Kasten und der Zulassung gehörten. Die erste und einzige Eintages-Orientierungsfahrt sah Gerhard und seinen Beifahrer als Sieger, die in der Gesamtwertung 43 Pluspunkte erreichten, knapp gefolgt von Alois und Angelika, die als zweites Team mit acht Punkten noch in der Pluszone die Orientierungsfahrt absolvierten, während alle anderen acht Teams mit Minuspunkten in die Endwertung kamen. Rolf und Anita wurden Dritte (-22), gefolgt von Hans-Georg (-74) und Werner mit seiner Beifahrerin Erika, die mit 144 Minuspunkten Fünfte wurden.

1975 Filmausschnitt der ersten Orientierungsfahrt

1975 Filmausschnitt der ersten Orientierungsfahrt

1975 Filmausschnitt der ersten Orientierungsfahrt

Gerhard und Dieter R. siegen erneut

Als ein eingespieltes Team präsentierten sich Gerhard und Dieter R. auch bei der zweiten Orientierungsfahrt des FC Licher am 24. und 25. April 1976. Auf einem Opel Ascona wiederholten sie ihren Vorjahreserfolg nach einer zweitägigen Rundfahrt mit Übernachtung im Alsheimer Gasthaus Eckelmann. Insgesamt hatten sich an der von Werner, Dieter K. und Hans-Georg organisierten Orientierungsfahrt sieben Teams beteiligt, von denen sechs mit einem „Opel“ an den Start gingen. Lediglich das Orga-Team der Premierenrundfahrt, Karlheinz und Renate, nahmen mit einem „Simca“ teil.

1976 Wie wird ein Druckverband richtig angelegt

Der Sieg für Gerhard und Dieter R. fiel denkbar knapp aus, denn in der Gesamtwertung hatten sie mit 351 Punkten ebenso viele Zähler erreicht wie Inge auf einem Opel Kadett mit ihrem Beifahrer Volker. Schließlich fiel die Entscheidung durch zehn Stechfragen mit 9:6. Mit einem Opel Ascona überraschten Karl-Heinz und Herta (334 Punkte) auf dem dritten Platz.

Zu den Aufgaben der zweiten Licher-Orientierungsfahrt gehörten zwei Etappen, die ihre Ziele an der Schwedensäule auf der Knoblochsaue und auf der Landskrone bei Oppenheim hatten. Zudem kamen Aufgaben bei Streckenposten, wo Druckverbände angelegt werden mussten, Pfeile geworfen, Flieger gebaut, ein Warndreieck möglichst schnell transportiert und Fußball gespielt werden musste. Die erste Etappe zur Schwedensäule konnten mit jeweils 68 Punkten die Teams Klaus mit Dagmar, Inge mit Volker und Karlheinz mit Renate gewonnen. Danach lernten die Teilnehmer im zweiten Teil der Orientierungsfahrt das Gasthaus „Schusterwörth“ kennen, in dem die Anzahl der Tische (richtige Lösung 8) zu den Fragen gehörte, im Gasthaus „Kammerhof“ musste die richtige Biersorte („Pfungstädter“) erfragt werden und nach einem Abstecher zum Zeppelindenkmal folgte bei Kornsand die Rheinüberquerung mit der Weiterfahrt zur Landskrone. Dort sollte ein Messingschild genauestens vermessen werden. In der Katharinenkirche mussten 54 Sitzbänke richtig gezählt werden, sowie die schwarzen und weißen Tasten der Walcherorgel. Die Treppe zur Kanzel zählte 13 Stufen bevor ein Zielumschlag geöffnet werden musste. Bis zum Tagesziel in Alsheim sollten noch drei verschiedene Weinetiketten mitgebracht werden. Mit einem Kegel-Glücksspiel wurden die Aufgaben des ersten Tages abgerundet, bevor die Orientierungsfahrt mit der dritten Etappe, einer „Werner-Rundfahrt“ beendet wurde.

1976 Damals schon 18 Jahre alt – der Mercedes 180 D mit Alois am Steuer

Sommerrundfahrt mit Asterix-Etappe

Schon im Juni 1976 wurde die dritte Orientierungsfahrt unter dem Titel „Sommerrundfahrt“ gestartet, die von Werner zusammen mit Dieter K, Gaby und Marga organisiert wurde. Erneut wurde eine Zweitagesfahrt ausgetragen mit Übernachtung in der Gaststätte „Zum Selztal“ im rheinhessischen Selzen. Die Strecke führte die Teilnehmer ins südliche Kreisgebiet, zunächst bis zum Parkplatz an der Stockstädter Altrheinbrücke. Bis dahin waren von den Teams „Geldfragen“ zu beantworten, bevor die „Seemannsetappe“ begann, die am Bensheimer Hof zwischen Erfelden und Leeheim vorbei über Geinsheim nach Kornsand an den Rhein führte. Eine besondere Aufgabe erwartete die Teams vor der Überfahrt nach Oppenheim auf der „Asterix-Etappe“, denn zum Ziel in Selzen sollte ein besonders schöner „Hinkelstein“ mitgebracht und ein möglichst schöner „Gallier“ gezeichnet werden. Ein wahres Gewirr von Strichen und Kreuzen war die dritte Etappe, die als „Chinesen-Etappe“ bis zum Ziel, dem Gasthaus „Zum Selztal“ in Selzen, gefahren wurde.

Nach einem feuchtfröhlichen Abend in Selzen folgte am nächsten Morgen die Abkühlung in einem Schwimmbad. Dort konnten sich die Teilnehmer als „Kunstspringer“ beweisen und wurden für die schönsten Sprünge von einer Jury bewertet.

Die fähigsten Mitarbeiter aus Wirtschaft und Bankwesen

Die dritte Orientierungsfahrt des Jahres 1976 führte insgesamt neun Teams im September nach Baden-Württemberg in den Neckar-Odenwald-Kreis mit einer Übernachtung im Gasthaus „Zum Hirsch“ im Ortsteil Strümpfelbrunn von Waldbrunn. Das vierköpfige Organisationsteam, zu dem Karlheinz H. und Gerhard V. gehörten, hatten in 136 Arbeitsstunden ein umfangreiches Programm vorbereitet, das beim Start am Mörfelder Waldschwimmbad in einem Umschlag übergeben wurde. „Es ist uns gelungen, inmitten größter Terminprobleme, drei der fähigsten Mitarbeiter aus Wirtschaft und Bankwesen für die Organisation dieser letzten Rallye zu gewinnen“, warb das Orga-Team und ergänzte: „Außerdem war es uns möglich, mit Euch die fähigsten Orientierungs-Autofahrer zur Teilnahme zu bewegen.“ Neben Humor, guter Laune und etwas Ehrgeiz wurden den Teilnehmern eine Reihe von Gegenständen aufgeführt, „die unbedingt erforderlich“ waren. Neben einem Taschenmesser und einer Kombizange, Schreibzeug, Lineal und Malstifte waren eine drei Meter lange Schnur, 20 Zentimeter stabiler Draht, ein Plastikeimer und zehn Zehn-Pfennigstücke für die Teilnahme gefordert, nicht vergessen dazu: Regenkleidung!

1976 Sackhüpfen am Streckenposten auf dem Weg nach Selzen

1976 Zielwerfen mit Pfennigen beim Zwischenstopp nach Waldkatzenbach

Insgesamt wurden während der Orientierungsfahrt 805 Punkte vergeben, die in vier Etappen und bei drei Streckenposten erreicht werden konnten. Nach der ersten Etappe lagen Gabi V. und Dieter K. zusammen mit Alois und Angelika in Führung. Auf der zweiten Etappe steigerten sich die Anforderungen, denn jedes Team musste ein rohes Ei abkochen, das beim nächsten Streckenposten auf Zeit gegessen wurde. Zudem kam der Bau einer Angel, die auf der dritten Etappe benötigt wurde. Alois und Angelika hatten am ersten Streckenposten mit 243 von 280 möglichen Punkten ebenso das beste Ergebnis erzielt, wie nach Abschluss der zweiten Etappe mit 333 von 370 vergebenen Punkten und am zweiten Streckenposten mit 374 von 440 möglichen Punkten. In der Verfolgerposition des führenden Teams hielten sich Gabi V. und Dieter K. knapp vor Heidi M. und Volker P.

1977 Minigolf bei der Orientierungsfahrt nach Waldaschaff

Die dritte Etappe gewannen überraschend Werner und Marga, die mit 57 von 60 möglichen Punkten sich nach dem ersten Tag noch auf den fünften Platz verbesserten. Am zweiten Tag der Orientierungsfahrt standen Trimmspiele, wie ein Geschicklichkeitsrennen mit einem Klapp-Fahrrad und ein Tablett-Wettlauf, auf dem Programm. Hier zeichnete sich das Team mit Rolf F. und Dieter F. aus, das auf Platz sechs vor den abschließenden Aufgaben an einem Streckenposten und der Schlussetappe aber keine Siegchance mehr hatte. Weitspringen aus dem Stand, das Werfen eines Balles und Auffangen in einem Eimer gehörten bei den letzten Entscheidungen ebenso dazu, wie der abschließende „Goldene Schuss“ mit einem Luftgewehr im Groß-Gerauer Schützenhaus. Schließlich hatten Alois und Angelika ihre Führungsposition behauptet und gewannen die Orientierungsfahrt mit einer Gesamtpunktzahl von 674 knapp vor Heidi M. und Volker P. (655), Hans-Georg und Dieter R. (654), Werner und Marga (650), sowie Rolf F. und Dieter F. auf dem fünften Platz mit 642 Punkten.

Am Samstag, den 14. Mai startete um 14 Uhr in Walldorf die erste Orientierungsfahrt des Stammtisch FC Licher im Jahr 1977 mit der Spessartgemeinde Waldaschaff als Ziel für die Übernachtung der Teilnehmer im Gasthaus „Zur Krone“. Der erste Zwischenstopp war in Urberach und es folgten noch weitere Stopps zur Lösung von Suchaufgaben bei einer Orientierungsfahrt, bei der die Teilnehmer hauptsächlich Fahrzeuge der Marke Opel bevorzugten. Aber auch ein Citroen 2CV, ein Renault R4 vervollständigten das Teilnehmerfeld mit neun Teams. Zu den Höhepunkten der Orientierungsfahrt gehörten ein Minigolf-Wettbewerb in Waldaschaff, bevor am zweiten Tag der Abschluss im Walldorfer Jugendzentrum stattfand.

Intellektueller Hausmann und ein Beckenbauer-Typ

Am 2. und 3. Juli fand die zweite Orientierungsfahrt des Jahres 1977 statt, die von Volker und Hans-Georg organisiert wurde. „Intellektueller Hausmann, kinderlieb, Globetrotter, sympathisch, erotisch, ehrlich, Idealgewicht“, stellte sich Volker den Teilnehmern an der sechsten Licher-Orientierungsfahrt vor und verriet zudem sein Lieblingsessen „Kartoffelpfannkuchen mit Apfelmus“, „Florida Boy Orange als Lieblingsgetränk und das sein Berufsziel „Trittbrettfahrer“ sein. Zu seinen bevorzugten Hobbies gehörten faulenzen, streiken, demonstrieren und Halsweh. Hans-Georg bezeichnete sich als schlanker muskulöser „Beckenbauer-Typ“, der bei einer Körpergröße von 1,76 Meter ausgeglichen, mutig und dynamisch sei, aber auch über zwei Hühneraugen verfügte. Der Frühaufsteher isst am liebsten Nudeln mit Gulasch, ist Milch-Trinker und hat neben seinem Berufsziel Masseur einen bevorzugten Typ mit den Maßen 120-85-100.

1977 Lösungsorientiert bein Zweischenstopp nach Glashuetten

Die beiden Organisatoren forderten von den Teilnehmern als Mitbringsel Badesachen, Kugelschreiber und Filzstift, zwei Unterteller, ein Taschenmesser und eine Kordel mit einer Länge von mindestens zwei Metern. Die Orientierungsfahrt startete in Mörstadt, einer kleinen Gemeinde in Rheinland-Pfalz und die ersten Aufgaben waren aus einer aktuellen Ausgabe der BILD-Zeitung zu lösen. So erfuhren die Teilnehmer, das Showmaster Wim Thoelke bei seiner Frau bleibt und für das Kind seiner Freundin Monika sorgen wird. Die in Frankfurt gedruckte BILD-Ausgabe kostete damals 30 Pfennig und es wird die damals knapp über 20 Jahre alten Orientierungsfahrer wenig interessiert haben, dass Rentner künftig für jedes Medikament eine Rezeptgebühr von einer Mark bezahlen müssen. Im Sport wurde die Sensation mitgeteilt, dass in der Fußball-Bundesliga die Vereine einen Rekorderlös beim Verkauf von Dauerkarten erzielten. Spitzenreiter war Borussia Dortmund mit 7.200 Karten, während es in Berlin Hertha BSC nur auf 100 verkaufte Dauerkarten brachte.

1977 An einem Streckenposten der Orientierungsfahrt nach Tiefenbach

Die Orientierungsfahrt endete nach dem Start in Mörstadt in der Hunsrückgemeinde Tiefenbach. Zu den Aufgaben der Teilnehmer gehörte bei Zwischenstopps das Kirschkernweitspucken, Kuchenessen und das Trinken aus einer Babyflasche. Zu den sportlichen Herausforderungen gehörte der Paarlauf mit zwei verbundenen Füßen und ein Cricket-Spiel im hohen Gras.

1977 Paarlauf bei der Orientierungsfahrt nach Tiefenbach

Lexikas jeglicher Art waren verboten

Punkt 13.05 Uhr am 1. Oktober 1977 startete die Herbst-Orientierungsfahrt des FC Licher mit dem Ziel, am ersten Tag das Gasthaus „Zum weißen Ross“ in Glashütten, einer Taunusgemeinde, zu erreichen. Rolf und Anita hatten zusammen mit Klaus und Dagmar die Organisation übernommen, die freundlich darauf hinwiesen, was nicht mitgenommen werden soll: „Lexikas in jeglicher Art“. Dafür sollte ein Schal, Papier, Kugelschreiber, Filzstift und ein Lineal, aber auch ein vorschriftsmäßiges Fahrzeug, Führerschein und Personalausweis, sowie eine Hessenkarte mitgebracht werden. Die Route der Orientierungsfahrt führte über den Rüsselsheimer Stadtteil Bauschheim über Ginsheim und Gustavsburg nach Hochheim zu der dortigen evangelischen Kirche. Die richtigen Öffnungszeiten brachten den Teilnehmer ebenso drei Pluspunkte, wie das Baujahr des Wasserwerks. Im Wiesbadener Stadtteil Schierstein mussten im Hafen die „Brunnenteller“ des 1976 anlässlich des 75-jährigen Jubiläums der Wasserwerke gestifteten Brunnen gezählt werden. Für 45 richtig gezählte Teller gab es weitere drei Pluspunkte. Über Eltville, Martinsthal und Schlangenbad trafen sich alle Teilnehmer auf einem Parkplatz eines Naturparks. „Bringt einen Bierdeckel mit“, lautete die Aufgabe des Organisationsteams, damit ein weiterer Punkt vergeben werden konnte. Ein Toto-Tipp der aktuellen Fußball-Bundesligaspiele, sowie die richtigen Lösungen des aktuellen Tabellenführers (Schalke 04) und Tabellenletzten (1860 München) erhöhten weiter das Punktekonto. Über Schlangenbad, Bad Schwalbach und Idstein näherten sich die Teilnehmer dem Zielort Glashütten auf 510 Meter Höhe. „Ein Luftkurort, umgeben von herrlichen Wäldern“, warb das Organisationsteam.

1977 Ruhepause bei der Orientierungsfahrt nach Glashuetten

Der vielgeliebte Chinese und eine Handvoll Dollars

Ein „vielgeliebter Chinese“ gehörte zum Programm der achten Orientierungsfahrt, die von Werner zusammen mit Rolf und Ute vom 10. bis 11. Juni 1978 organisiert wurde. Erstmals wurde eine Licher-Orientierungsfahrt in der Groß-Gerauer Heimat-Zeitung (heute: Echo) veröffentlicht und unter dem Titel „Maltry/Ziegler siegten“ konnten die Leser den Verlauf der Veranstaltung verfolgen, an der sich 16 Teams beteiligten. „Nachdem man sich in der Fasanerie in Groß-Gerau getroffen hatte, fuhr man gemeinsam zum Startplatz in Seligenstadt. Von da an folgte ein zeitversetzter Start in einen Rundkurs durch den Naturpark Spessart.“ Neben dem „Chinesen“ waren zahlreiche Suchaufgaben zu erledigen und an zwei Streckenposten mussten sportliche Übungen absolviert werden. Nach einer etwa sechsstündigen Fahrtzeit erreichten alle Teams das Ziel, die „Streumühle“ im Alzenauer Ortsteil Michelbach. Das Hotel war damals unter US-Amerikanischer Führung und so mussten die Übernachtungskosten durch die Teilnehmer der Orientierungsfahrt bar in Dollar bezahlt werden.

1978 An einem Streckenposten auf dem Weg nach Michelbach

Nach dem ersten Tag führte das Team Karlheinz und Renate mit knappen Vorsprung gegenüber den späteren Gesamtsiegern Maltry/Ziegler. Der Abend des ersten Tages endete am frühen Morgen und den meisten Teilnehmern blieben nur wenige Stunden Schlaf, um sich auf das Geschicklichkeitsfahren vor Beginn der letzten Etappe vorzubereiten. Rolf M. und sein Beifahrer gewannen mit insgesamt 4.516 Punkten denkbar knapp vor Karlheinz und Renate, die nur fünf Punkte weniger sammeln konnten. Platz drei ging an das Team Gubrinski/Schilling (4.423) vor Gerhard und Angelika (4.388) und Hans-Georg mit seinem Beifahrer Dieter K. (4.378). Eine Besonderheit der gestellten Aufgaben war ein Porträt, bei dem Udo Jürgens erraten werden musste: „Gertenschlanke, hochgewachsene Gestalt, schmaler Jünglingskopf mit profilierter Nase, großzügig arrangierter langer brünette Popsängermähne, schwermütig-versonnen dreinblickende Augen, sensible Hände und eine Stimme von schrankenloser Emotion wie gehauchte Subtilität.“ Bei dem Jürgens-Porträt mussten Textproben vervollständigt bzw. die dazu passenden Titel gefunden werden.

1978 Die Balance halten bei der Michelbach-Orientierungsfahrt

Unstimmigkeiten, wenn der Hase in den Mond beißt

Die neunte Licher-Orientierungsfahrt wurde vom Orga-Team Hans-Georg und Volker organisiert und endete am 14. Oktober 1978 zunächst am Tagesziel in Klingelbach bei Limburg im Lahn/Dill-Kreis. Die Übernachtungskosten betrugen 17 Mark pro Person und zu den Teilnahmebedingungen gehörten gutes Kartenmaterial und Schreibwaren. Erstmals gab es „Unstimmigkeiten“ beim Organisationsteam, denn Hans-Georg distanzierte sich zusammen mit Resi von einem Fragebogen. „Proteste sind bei Volker anzumelden“, stand da zu lesen über eine Aufgabenseite unter dem Titel „Hier beißt der Hase in den Mond“. Neben einer „Ode an den Hammer“ mussten Personen als Pazifisten erkannt werden und die richtige Zuordnung von Daniel Cohn-Bendit, Rudi Dutschke, Benno Ohnesorg und Fritz Teufel wurde abgefragt, nach deren Tätigkeiten bzw. an welchen Ereignissen die Genannten beteiligt waren. Bemerkenswert war auch die Überreichung der Siegerurkunde an Rolf und Ute: „
„…trotz starkem Zahnfleischbluten, übelriechender Schwimmfüße, ungewaschenem Hals und verkrusteten Waffelohren, mit übermenschlichem Einsatz und unbändigem Siegeswillen, unter unglaublichen und ungläubigen Bedingungen, wie tropische Hitze, sibirische Kälte und Dauerregen, an der barbarischen, Mörderischen und grausamen Rallye rund um Groß-Gerau mit bahnbrechendem, wahnwitzigen Erfolg teilgenommen und den ersten Platz errungen!“

1978 Das Organisationsteam bereitet die Siegerehrung vor

Unter dem Titel „Tagesziel in Klingelbach“ erschien auch von der neunten Orientierungsfahrt ein Bericht in der Groß-Gerauer Heimat-Zeitung. Zu den ergänzenden Informationen gehörte, dass die Sieger des ersten Tages, Flick/Raiss aus Mörfelden, knapp vor Hauf/Horn (Lautertal) führten und alle anderen Teams bis dahin schon erheblich zurückgefallen waren. Am Abend wurde den Teilnehmern ein buntes Unterhaltungsprogramm geboten und neben einigen Spielen wurde die Meisterschaft im „Fußhakeln“ ausgetragen. Karlheinz und Renate kamen am zweiten Tag bis auf einen Punkt an die Gesamtsieger Rolf und Ute heran. Überraschend konnte sich das Büttelborner Team Vogedes/Weber noch auf den dritten Platz verbessern.

Eine gesunde Portion Schwachsinn gehört dazu

Mit dem Sieg von Fritz und Ruth endete die zehnte Licher-Orientierungsfahrt, an der sich nur sieben Teams beteiligten und die von Karlheinz und Renate zusammen mit Gerhard und Birgit vom 5. bis 6. Mai 1979 organisiert wurde. „Wie bei allen von uns organisierten Rallyes werden auch diesmal wieder Sport, Geschicklichkeit, Spannung und Spaß, verbunden mit einer gesunden Portion Schwachsinn, das Geschehen prägen“, kündigten die Organisatoren an, die die Orientierungsfahrt auch unter das Motto „Was gut ist, muss auch teuer sein“ stellten. So gehörten fünf Grundanforderungen zu den Teilnahmebedingungen, die schließlich sieben Teams erfüllten: „Verfüge ich über mehr als sieben Euroschecks – gedeckte, versteht sich?“, „Würde ich eventuell mein Fahrzeug opfern, um zu siegen?“, „Kann ich mit einem 50 Liter Wasserbehälter auf dem Kopf über ein Seil balancieren?“, „Bin ich potent genug?“ und „Bin ich trinkfest, oder kann ich länger als eine Minute in einem Ölfass tauchen?“ Zusätzlich umfasste die Teilnahme eine umfangreiche Checkliste, zu der Spiegel, Schere, Klebstoff, Karton, Radio, Essteller, ein komplettes Besteck, Schnitzmesser, Zollstock und Maßband, Handsäge, Hammer und Nägel, ein bis vier rohe Eier, Kinderbild bis zum 5. Lebensjahr, Butterbrotpapier und ein Blumentopf gehörten.

Auch die „Jubiläums-Orientierungsfahrt“ wurde in der Groß-Gerauer Heimat-Zeitung publiziert und darin war zu lesen, dass der FC Licher innerhalb von vier Jahren bereits seine zehnte Orientierungsfahrt veranstaltete, deren erstes Etappenziel ein Waldparkplatz bei Bockenau in Rheinland-Pfalz war. Dort sorgten die Aufgaben „Zeltaufbau“ und „Schatzsuche“ für viel Heiterkeit unter den Teilnehmern. Nach dem ersten Tag lagen Fritz und Ruth zusammen mit Rolf und Anita punktgleich in Führung. Der nächste Morgen begann mit einigen „Trimm-Spielen“, bevor in Meisenheim ein „Chinese“ zu Fuß gelaufen werden musste. Das war die „Beifahreretappe“, denn erstmals wurden bei einer Licher-Orientierungsfahrt mit getrennten Aufgaben versehen. Die „Fahreretappe“ umfasste neun Kilometer und begann in Reiffelbach, eine kleine Gemeinde im Landkreis Bad Kreuznach. Es sollte der kürzeste Weg zur Kirche gefunden werden und dort die Anzahl der großen Fenster gezählt werden, die zudem aus vielen kleinen Segmenten bestanden. Eine Zusatzaufgabe bestand auf dem Rückweg nach Meisenheim, dass in den Blumentopf ein schönes Gewächs gepflanzt werden sollte, für das Sonderpunkte und eine kostenlose Grundfahrt durch die Bunte Garten Schau in Lautern im Odenwald ausgelobt wurden. Die Rückfahrt führte die Teilnehmer über Callbach, Ober- und Niedermoschel bis nach Frei-Laubersheim. Dort sollte ein Gasthof mit großer Reklame auf sich aufmerksam machen, bevor es weiter über Wöllstein, Wörrstadt bis nach Nieder-Olm ging. Dort endete die Etappe und nicht bevor von den Teilnehmern noch die Anzahl aller passierten Brücken seit Meisenheim aufgeführt werden sollte. Zurück in Groß-Gerau standen Fritz und Ruth endgültig als Sieger vor Rolf und Anita und den Drittplatzierten Hans-Georg und Dieter R. fest.

Das Konzept wurde vom Zeitgeist überholt

Mit zwei Orientierungsfahrten im Jahr 1980 endete die Ära der Orientierungsfahrten des FC Licher. „Fünf Jahre war dieses Konzept der Freizeitgestaltung ein Renner, dann wurde es vom Zeitgeist überholt“, beschreibt Karlheinz das Ende der Licher-Orientierungsfahrten. „Wir waren fünf Jahre älter geworden! Die ökologische Bedenklichkeit dieser Autofahrerei hatte plötzlich Gewicht. Zunehmendes Engagement in der eigenen, neu gegründeten Familie oder im Beruf, ließen weniger Zeit. Irgendwie hatten wir in diesen Jahren auch Groß-Gerau und Umgebung abgegrast, alle Schilder gelesen, alle Öffnungszeiten vermerkt und das Lexikon war nur noch eine Lose-Blatt-Sammlung. Die leidtragende Bevölkerung hatte vielleicht auch keine Lust mehr, mal so eben spontan irgendwelche abstrusen Wünsche zu erfüllen. Selbst die Sauferei hatte ihren Reiz verloren. Mit dem Alter kam wohl auch die Einsicht, das so etwas an die Gesundheit geht.“

Die elfte und vorletzte Orientierungsfahrt wurde von Rolf M. im Mai 1980 organisiert. Zu den Aufgaben gehörte Basketball-Werfen und Skateboardfahren mit Stöcken, bei einer zweitägigen Fahrt, die die Teilnehmer zunächst Richtung Heidelberg führte. Wer den kürzesten Weg nach Neckarhäuserhof, ein Ortsteil von Mückenloch am Neckar, gefunden hatte, musste zum Gewinn von vier Punkten gefordert, aus Zeitungspapier ein Schiffchen oder Malerhut zu falten. Weiter nach Hirschhorn wurden die Preise an einer Tankstelle (Super 1,18 und Diesel 1,14 Deutsche Mark) festgestellt, bevor die Teilnehmer einen „Limerick“ zur Orientierungsfahrt dichten sollten. Rolf und Ute fiel dazu folgendes ein: „Samstagmorgen um Zehn, das Wetter war wunderschön, da mussten wir zum Start, zu dieser Orientierungsfahrt, die Platzierung werden wir später seh´n.“

Der Große Preis von Deutschland endet in Büttelborn

Übernachtet wurde in der Gemeinde Neckargerach und der zweite Tag führte die Teilnehmer über Guttenbach, Neckarwimmersbach bis nach Dilsberg, auf der südlichen Seite des Neckarufer gegenüber von Neckarsteinach. Die richtige Route musste dabei über das Verbinden verschiedener vorgegebener Punkte und Auflegen einer Schablone gefunden werden. Die weitere Fahrt führte über Heidelberg bis nach Büttelborn und dem Abschluss der Orientierungsfahrt in der Gaststätte „Henninger Eck“. Rolf und Ute waren als Sieger der elften Licher-Orientierungsfahrt hervorgegangen und übernahmen die Aufgabe am 23. und 24. August 1980 die zwölfte und letzte Stammtisch-Orientierungsfahrt zu organisieren. Unter dem Motto „Der Große Preis von Deutschland“ stellten sich fünf Teams den Herausforderungen, darunter Karlheinz mit Renate und Alois mit Angelika, die in den Jahren zuvor Siege bei Licher-Orientierungsfahrten feiern konnten. Anlässlich des 10-jährigen Stammtischjubiläums hatten die Organisatoren den Start in die Groß-Gerauer Fasanerie verlegt. Von dort wurde die Erste Etappe über die Vorgabe von Ortswappen gestartet und führte über Dornheim, Wolfskehlen bis nach Crumstadt. Innerhalb von 50 Minuten waren die Teams bis dahin 29 Kilometer gefahren. Danach gings weiter in den Südkreis bis nach Gernsheim, zurück über Biebesheim und Erfelden bis nach Königstädten, Rüsselsheim und Raunheim. Über die kleine „Mönchhofkapelle“ erreichten die Teilnehmer nach dreieinhalb Stunden und rund 83 gefahrenen Kilometer das Tagesziel in Langen mit Übernachtung im dortigen Naturfreundhaus. Weitere 48 Kilometer folgten am nächsten Tag, bevor die letzte Orientierungsfahrt im Büttelborner „Henninger Eck“, dem damaligen Stammlokal des FC Licher endete. Mit einer Gesamtpunktzahl von 638,5 gewannen Karlheinz und Renate vor Hans-Georg mit Dieter R. (604) und Alois mit Angelika ((592,5).

„Es war einfach vorbei“

„Es war eigentlich gar kein richtiger Abschied“, schrieb Karlheinz nach der letzten Licher-Orientierungsfahrt anlässlich des 25-jährigen Stammtischjubiläums. „Es war einfach vorbei! Man wendete sich anderen Aktivitäten zu und ohne dass jemand richtig Notiz davon nahm, wurde ein Kapitel der Stammtischgeschichte beendet.